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Dea Loher

Hundskopf

Erzählungen

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Inhalt

Honeymoon

Der Mann mit den Eisbären

Hundskopf

Über die Berge gehen

Agnes

Das Auge

Mink

Happy Slovenia

Honeymoon

Anna muß sich ganz ausziehen, bis auf die Unterwäsche, und mit den Armen in einen halblangen weißen Kittel schlüpfen, der am Rücken offen ist. Die Schwester kommt mit einem Clipboard und einem Formular. Sie ist ungefähr fünfzig, hat schulterlange, vom Färben ausgetrocknete Haare und einen Leberfleck auf der Stirnmitte, der aussieht wie ein drittes Auge. Auf ihrem Namensschild steht »Nancy«.

»Ich habe Schmerzen, hier«, Anna legt die Hand auf den Unterleib. Sie ist froh, daß ihr jetzt jemand zuhören muß, jemand, der etwas von Krankheiten versteht, jemand, der die Ursache ihres Schmerzes finden und beseitigen wird. Dreiauge Nancy lächelt freundlich, fragt nach ihrem Namen.

»Anna«, sie zögert, bevor sie weiterspricht, »Anna Börde«. Ihr Nachname ist derselbe geblieben; manchmal in den letzten Wochen hat sie gedacht, es wäre schön, den anderen Namen angenommen zu haben, der ein neuer gewesen wäre, dann ist sie wieder zufrieden, daß für sie alles geblieben ist, wie es war. Sie muß den Nachnamen buchstabieren. Nancy blickt konzentriert auf Annas Lippen.

»Sie sind Touristen.«

»Ja«, erwidert Anna. Sie sieht zu Johann hinüber, der in der Tür lehnt und die Szene betrachtet. »Tourists. On honeymoon.« Sie spricht ein sorgfältiges, akzentbeladenes Englisch.

Dreiauge wiederholt die Worte in angehobener Tonlage, skandiert »won-der-ful« im Singsang falscher Herzlichkeit. »Wie gefällt es Ihnen in Arizona«, während sie Anna am Arm nimmt und vom Bett herunterdirigiert auf die Körperwaage. Anna sieht wieder zu Johann, der schiebt die Schultern hoch. Dreiauge schubst das Gewicht auf der Waagskala ein wenig nach rechts und notiert etwas auf ihrem Clipboard. Anna braucht keine Antwort zu geben.

Ihre Größe wird gemessen und ihr Blutdruck, und Nancy will wissen, ob sie raucht, die Pille oder andere Medikamente nimmt, sich in psychologischer Behandlung befindet und wann ihre letzte Menstruation war.

Anna spürt ihre Angespanntheit langsam weichen, die Fragen ernüchtern sie. Sie liegt, den Oberkörper halb aufgerichtet, auf dem Bett und sucht Johanns Blick. Sein Gesicht ist müde und bleich. Seit sie im Krankenhaus angekommen sind, hat er kein Wort mehr gesagt. Früher, vor langer Zeit, machte er morgens schon Witze, denkt Anna, er turnte vor dem Bett herum und brachte mich zum Lachen. Sie würde es gerne Schwester Nancy erzählen, aber die tupft Annas Armbeuge steril für die Blutabnahme und hat keine Zeit, um zuzuhören.

Sie hatten das Krankenhaus am frühen Morgen gefunden, nachdem sie mehr als fünfzig Meilen durch die Wüste gefahren waren. Im Wartezimmer der Notaufnahme saß eine Handvoll dösender Patienten, die wirkten, als würden sie ihre Ration täglicher Benzos abholen wollen. Anna mußte an die Scheibe des Aufnahmeschalters klopfen, damit jemand auf sie aufmerksam wurde. Sie sagte, »Schmerzen, ich habe Schmerzen, ich brauche einen Arzt.« Die Frau hinter der Scheibe sah ihr gelangweilt ins Gesicht und verzog ein wenig den Mund, als könne sie Annas Englisch nur schwer verstehen.

Johann blieb in der Tür stehen. Johann blieb immer in der Tür stehen, auf der Schwelle, bereit, hineinzugehen oder hinaus. Anna wandte von Zeit zu Zeit den Kopf zu ihm, während sie mit der Scheibenfrau kämpfte, und wünschte, er würde das für sie erledigen, und sie könnte sich auf einen der zerkratzten Plastikstühle setzen und ausruhen. Die Frau wollte Annas Sozialversicherungsnummer.

»Wir sind keine Amerikaner. Wir machen hier nur Urlaub.«

»Wie wollen Sie dann die Untersuchung bezahlen.«

»Die Krankenversicherung wird das Geld überweisen. Sie bekommen das Geld aus Europa.«

Die Scheibenfrau zog ihre Augenbrauen hoch und ließ Anna ein seitenlanges Formular in drei Ausfertigungen unterschreiben. Dann mußte sie auf dem Gang warten, obwohl sie die einzige Patientin vor der Reihe der Behandlungszimmer war. Sie hätte gerne Johanns Hand genommen und zu ihm gesagt, bitte, bleib bei mir. Johann wanderte auf und ab und starrte dabei auf den Boden.

In der Nacht hatten die Schmerzen sie aufgeweckt, so überfallartig, böse und hart, daß sie sich nicht mehr bewegen konnte, nicht einmal auf den Bauch drehen, weil der Druck das Wüten in ihren Eingeweiden nur verstärkte. Sie lag Stunden wach. In der Morgendämmerung mußte sie ihren Mann aufwecken.

Johann hatte sich schlaftrunken, später besorgt, zu ihr gebeugt, ihr übers Haar gestrichen, während sie dalag und am ganzen Leib bebte. Er hatte sich eine Zigarette angezündet und war vor den Bungalow hinausgegangen und hatte auf die Linie des Horizonts gesehen, hinter der es schnell heller wurde, als erwarte er von irgendwoher Hilfe, aber das Motel mit den wenigen kleinen Häusern lag weitab von jeder Ortschaft, und er kam schließlich wieder zu ihr ins Zimmer und packte ihrer beider Sachen zusammen. Sein Koffer hatte ein Nummernschloss, und er vergaß nicht, die Kombination zu verstellen.

Die Schwester steckt eine Nadel in Annas Arm, zapft ihr langsam Blut ab. Anna sieht, wie Johanns Blick auf der Nadel ruht, sie spürt das Ziehen, mit dem der Kolben das Blut aus ihr heraussaugt. Johanns Augen sind dunkel und in sich gekehrt. Sie streifen prüfend Annas Gesicht, dann wendet er sich ab und geht weg. Nancy sagt, »Ihr Mann kann wohl kein Blut sehen.« Anna antwortet nicht. Johann kann den Anblick von Nadeln nicht ertragen, ohne sie anfassen zu wollen, ohne sie in der Haut, ohne sie in der Vene haben zu wollen. Sie hatten sich vor fast zwei Jahren kennengelernt, kurz nach seinem Entzug. Er hatte durchgehalten und inzwischen eine Stelle im Lager eines Großhandels für Büromöbel. Zusammen mit Annas Angestelltengehalt könnten sie eine Familie gründen, zum Beispiel. Sie hatten geheiratet, und ihr Erspartes für die Reise verwendet, für ihre Flitterwochen. Danach würde ihr neues Leben richtig anfangen können.

Endlich ist Dreiauge mit ihrem Clipboard-Formular fertig, sie hat alle Rubriken ausgefüllt, und ein Arzt kommt zu Anna. Der Arzt ist groß, hat eine sehr weiße Haut mit vielen Sommersprossen, rötliche, dicke Haare, einen Schnauzer und schwitzt. Mit kalten Händen tastet er ihren Bauch ab, die Schweißtropfen laufen über sein Gesicht. Kurz bevor sie auf Anna hinunterzufallen drohen, wischt er sie schnell mit einem Ärmel seines Kittels ab. Er schnauft bei der Untersuchung wie ein Walroß beim Auftauchen, wenn es das Wasser von seinen Barthaaren fortprustet. Sobald der Arzt seine Hände in den Bauch hineindrückt, wird der Schmerz stärker. Anna sagt, »a rusty, jagged can – als ob jemand meine Gedärme ausschabt, mit einer offenen, schartigen Konservendose.« Der Arzt setzt sich und überlegt. Er sagt: »Blinddarm ist es nicht.«

Anna schließt die Augen. »Wo ist mein Mann«, fragt sie nach einer Weile. Die Schwester sieht auf dem Gang nach. Johann ist nicht zu finden.

Anna sagt, »wir waren chinesisch essen gestern abend. Vielleicht eine Lebensmittelvergiftung.«

»Mußten Sie sich übergeben. Haben Sie Durchfall. Ist Ihnen schlecht.«

Anna schüttelt den Kopf.

Eine gute Stunde lang waren sie die einzige Hauptstraße des Ortes auf und ab gegangen, sogar in die Seitenstraßen hinein, immer in der Hoffnung, eine Kneipe, ein Restaurant übersehen zu haben, ein verstecktes Schild zu finden, eine versperrte Tür, ein herabgelassenes Rouleau, das sich doch noch für sie öffnete. Hungrig und müde kehrten sie schließlich in dem tristen Lokal ein, an dem sie zu Anfang herablassend, fast verächtlich vorbeigegangen waren. Ein ausgeblichener roter Lampion mit einer staubigen Quaste hing vor der Tür und eine von der Sonne zerschossene Speisekarte. Dann saßen sie in dem Raum mit der überraschend hohen Decke und den kahlen, zerkratzten Wänden, der früher ein Tanzsaal gewesen sein mußte und der nun in Abteile mit roten Plastiklederbänken gegliedert war, durch Sperrholzwände voneinander getrennt. Sie waren die einzigen Gäste. Ein Mädchen mit hohen Wangenknochen und glatten, schwarzen Haaren im Pferdeschwanz, das kaum fünfzehn sein mochte, nahm die Bestellung auf, Suppe und Hühnerfleisch mit Gemüse. Auch hier hingen die Lampions, sie schwebten im Dämmerlicht unter der Decke, rot schimmernde, aufgeschwollene Bäuche, die Köpfe gekappt, ohne Arme und Beine, kurz vor dem Zerplatzen. Irgendwann kam ein zweites Paar, setzte sich weit entfernt auf die andere Seite des Saales. Sie hatten ein kleines Transistorradio dabei, das sie ein paarmal ein- und ausschalteten. Dann begannen sie zu streiten. Die Frau war betrunken.

Auf dem Rückweg vom Essen in ihr entlegenes Motel hatte sie Johann bitten müssen, anzuhalten. Sie stieg aus und machte ein paar Schritte von der Straße weg. Johann ließ den Motor laufen und blickte ihr durch die Windschutzscheibe nach. Sie wartete, vornübergebückt. Es passierte nichts, und sie setzte sich wieder in den Wagen.

Es wird vorbeigehen. Bis du heiratest, wird es vorbeigehen, die beruhigende Stimme der Großmutter, wenn Anna früher krank war, eine Verletzung hatte. Sie dachte daran, als sie durch die Nacht fuhren. Jetzt barg der Spruch keinen Trost mehr.

»Ich werde eine gynäkologische Untersuchung machen«, sagt der Arzt. Anna schüttelt entschieden den Kopf.

»Ich kann nicht schwanger sein.«

Der Arzt nimmt das Clipboard und deutet auf einen Eintrag, »Sie nehmen keine Pille und sind in den Flitterwochen.«

Anna spürt, wie ihr das Blut ins Gesicht steigt.

»Wann hatten Sie das letzte Mal Geschlechtsverkehr.«

Anna dreht den Kopf weg.

»Es könnte eine Eierstockentzündung sein.«

Anna sagt, »vor zwei Tagen«. Sie hofft, daß der Arzt ihre Lüge nicht bemerkt. Dann spreizt sie ihre Beine auseinander vor dem Walroßbart, der durch das kalte, glänzende Spekulum in sie hineinsieht.

Vor zwei Tagen hatte sie ihren Fön gesucht, und dabei in Johanns Koffer die Schachteln mit dem Valium, mit Polamidon und Kapanol gefunden. Am Abend des Essens stellte sie ihn zur Rede. Er machte keinen Versuch, sich zu verteidigen, zu entschuldigen. Er erklärte nichts.

Vom Walroßbart tropft Schweiß. »Hier ist alles in Ordnung. Alles, wie es sein soll.« Er geht hinaus, um auf das Ergebnis der Blutprobe zu warten.

Sie hatten sich die Hochzeitsreise in die Wüste geschenkt, weil sie dachten, die Ruhe und die Einsamkeit würden ihnen gut tun. In den ersten Tagen hatten sie die Sonne und die Stille der Landschaft genossen, hatten jeden Abend an einem anderen Motel haltgemacht, sich in den Swimmingpool gestürzt. Der Wind war sogar nachts so lau gewesen, daß ihre Badesachen und ihre Haut innerhalb von Minuten getrocknet waren. Allmählich hatten sie immer weniger geredet, fast ohne es zu merken. Das Radio im Auto während der langen Fahrten oder später im Zimmer war oft ihre einzige Unterhaltung. Manchmal hielten sie irgendwo, kletterten auf einen Fels und sahen dem Lauf eines ausgetrockneten Bachbettes hinterher oder dem Flug eines Vogels, stundenlang.

Der Arzt kommt zurück, eine Pizzaschachtel in der einen Hand, einen Jumbo-Milchshake in der anderen. Die rechte ist fettig von der durchgeweichten Pizzaschachtel, er wischt sie am Kittel ab. Anna hat Johann jetzt eine ganze Weile nicht mehr zu Gesicht bekommen. Schwester Nancy schiebt einen Rollstuhl zur Tür herein.

»Setzen Sie sich hierhin, wir fahren zum Röntgen.«

»Im Rollstuhl?«

»Eine Aufnahme der Lungenflügel. Es kann sein, daß der Schmerz von dort kommt und nach unten ausstrahlt.« Dreiauge packt die Patientin mit hartem Griff am Arm.

Anna bekommt es mit der Angst, »ich will meine Lunge nicht röntgen lassen. Ich kann immer noch selber gehen.«

Der Arzt dreht sich ihr mißbilligend zu, seine Augen sind von der Hitze geschwollen und tränen über den Lidrand. Schwester Nancy zieht Anna in den Rollstuhl, stellt ihre Füße auf das Trittbrett. Anna will schreien, Hilfe, Johann, hilf mir, sie kann nicht weglaufen, in dem halboffenen Kittel, ohne Kleider, ohne Schuhe, ohne Papiere, sie wird durch die Gänge gerollt, sie hält vergebens nach Johann Ausschau, sie ruft nach ihm, er bleibt verschwunden.

Am frühen Nachmittag sagt der Arzt, seine Schicht sei zu Ende. »Ich kann nichts weiter für Sie tun.« Er schiebt Anna ein Schmerzmittel über den Tisch und eine Rechnung, auf der sie die Summe von 756,95 Dollar unterzeichnen soll. Anna steckt das Mittel ein, unterschreibt und wankt durch die Eingangshalle nach draußen in die Sonne. Dieselbe stechende Nachmittagssonne, die an all den Tagen auf sie heruntergebrannt hat. Auf dem fast leeren Parkplatz hockt Johann neben einem Kaktusstrauch und raucht.

Es ist der Moment, in dem Anna über den Parkplatz auf ihn zugeht und Johann sie sieht und aufsteht, in dem sie glaubt, diesen sehr langen Moment über glaubt, es könne sich etwas ändern. Sie will es ihm sagen, laß es uns anders machen, aber dann merkt sie, wie abwesend seine Augen sind.

»Sie haben nichts gefunden.«

Er macht Anna keinen Vorwurf. Sie steigen ins Auto, ihr Flug, der sie nach Hause bringt, geht übermorgen. Sie haben noch über fünfhundert Meilen zu fahren.

Kurz hinter dem Ort kommen sie an einem kleinen Friedhof vorbei; Johann lenkt den Wagen an den Straßenrand, schnappt sich den Fotoapparat und steigt aus. Anna sieht ihm nach. Er macht das auf der ganzen Reise, er hält bei jedem Friedhof an und fotografiert die Gräber; Fotos von Inschriften und Steinen, Blumen und Votivtafeln, Fotos von Totenköpfen und Skeletten, wie auf ihren Röntgenbildern. Er hat schon eine Sammlung von Grabfarbfotografien zu Hause, aus Prag, London und Amsterdam. Sie beobachtet ihn, wie er durch die Reihen geht, sich manchmal hinkniet, um eine bessere Perspektive zu bekommen. Sie klappt die Sonnenblende herunter, ihr ist schlecht.

»Lieber Gott«, murmelt sie, »lieber Gott, laß es vorbeigehen.«

Johann kommt zurück, mit seinem unruhig ausgreifenden, beinahe hüpfenden Gang.

»Auf diesen Mexi-Gräbern hier steckt überall die amerikanische Flagge, auf jedem einzelnen,« sagt er. »Das sind Patrioten. Die wissen, wo sie hingehören.«

Er hat den Motor noch nicht angelassen, seine Hand hält den Zündschlüssel fest, ohne ihn zu drehen.

»Wenn sie dich operiert hätten –«, sagt er. »Die Probezeit ist noch nicht zu Ende.« Er sieht geradeaus durch die Windschutzscheibe. »Ich hätte alleine zurückfliegen müssen.«

Anna sieht ihn von der Seite an.

»Ja«, sagt sie, »ich weiß.«

Der Mann mit den Eisbären

Sie teilte die Leute, bei denen sie arbeitete, danach ein, ob sie ihre Wohnung so stark heizten, daß man darin im Unterrock herumlaufen konnte, oder ob man zwei Pullover übereinanderziehen mußte. Die Leute mit den heißen Wohnungen hatten Geheimnisse und Geld; in den kalten gab es wenig zu essen, dafür zermürbende Gespräche.

Diese hier war heiß. Es war eine schleichende Hitze, die vom Fußboden aufstieg, von unten in die Kleider fuhr, die Beine hinaufkroch, das Blut schwer machte. Die Frau, die ihr gegenübersaß, hatte eine ausgelaugte Haut im Gesicht, die Halbmonde unter ihren Augen waren gelblich, vielleicht die Spuren von zu viel Nikotin und einer schlechten Leber, die Haare blondiert und störrisch kurz. Sie trug einen engen Rock und war Zahnärztin. Sie suchte einen Babysitter.

Ein Eßtisch mit einer Platte aus Marmor, zwischen ihnen eine Vase mit Lilien und Nelken. Die Hände der Frau bewegten sich synchron auf der Platte voneinander weg und aufeinander zu, während sie mit Verena sprach. Hin und wieder fiel ein Blütenblatt auf den Tisch, das sie einen Moment lang gedankenverloren mit ihren Fingerspitzen berührte, um es dann zu Boden zu wischen. Es gab keine Schränke, keine Regale, die Wände waren verkleidet mit hellen Holzpaneelen, hinter denen sich Stereoanlage und Fernseher verbergen mußten.

Die Frau fragte Verena nicht, ob sie das Kind sehen wollte; es war gerade mal sechs Wochen alt, sie hatte mit dem Stillen gar nicht begonnen, um möglichst schnell wieder arbeiten zu können; es war ihre eigene Praxis und sie war verschuldet. Verena sagte, die Bezahlung sei ein bißchen spärlich für so eine verantwortungsvolle Aufgabe. Die Frau sah Verena fest an: »Wissen Sie, ich bezahle das aus eigener Tasche.« Sie machte eine Pause, und dann zitterte ihre Stimme ein wenig: »Ich möchte nicht, daß mein Mann mich unterstützt.« Sie schaute vor sich hin, die Augen geweitet, als habe sie sich plötzlich an etwas erinnert.