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Ulrike Kolb
Yoram

Ulrike Kolb

Yoram

Roman

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Für Johann und Ricarda

Wenn ich doch nur die Jahre einfangen könnte, die Augenblicke, die Bilder, die Geräusche, die Düfte … aber sie verwehen wie die Zeit, gleichgültig gegen jedes Verlangen, festzuhalten, was nur wir beide wissen, sie sind flüchtig wie das Licht, das mit uns sein Spiel treibt, uns in Schwermut versetzt oder in Euphorie … das aufstrahlende Licht nach dem Regen und die winzige Lerche, die in die Höhe jagt, bis wir sie aus den Augen verlieren und nur noch ihr Zwitschern aus der Ferne hören …

Turmhohe Stahlträger, die soeben noch aus einem steinernen Trümmerhaufen als Rest eines Hochhauses ragten und jetzt in unglaublicher Geschwindigkeit ihren Aggregatszustand änderten, sich wie weich gewordene Kerzen herabbogen, um dann zu seltsamen Formen zu schmelzen und in eine Mulde hellen Betonschutts zu fließen und eine silberne Lache zu hinterlassen wie das zu Silvester als Zukunftsspiel benutzte Blei über einer Flamme. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Ich saß in einer Art Vogelleib, Federn flatterten nahe meinem Gesicht, so jagte ich in abnehmender Höhe über eine Stadt hinweg … ich saß in einem großen Vogel und unter mir diese Stadt, die einmal wie Frankfurt aussah und im nächsten Moment wie irgendeine andere Stadt. Einen Moment glaubte ich, das Haus zu erkennen, in dem ich damals wohnte, und dann wieder sah es aus, als sei es eigentlich ein Gebirge, was da unter mir wegschmolz. In meinen Sitz fixiert, war ich unfähig, mich zu bewegen, weder meine Arme noch mein Kinn konnte ich auch nur einen Deut zur Seite schieben. Mein Kopf steckte in einem ausgepolsterten und unerbittlich festgestellten Helm, ja, wie ich jetzt realisierte, war mein ganzer Körper auf diese unverrückbare Weise in eine Halterung gesperrt, die genau auf mich zugeschnitten schien und mir gerade deshalb keinen Millimeter Bewegungsfreiheit ließ, sodass ich, nach unten blickend, den Augenblick erwartete, in dem ich in den Spiegel geschmolzenen Metalls eintauchen würde …

In diesem Moment muss ich irgendwelche Laute von mir gegeben haben, ein Schnarchen oder Grunzen, ich hörte es selbst noch im Aufwachen, die Hand meiner Nachbarin auf dem Arm spürend, ihre Stimme in meinem Ohr, everything o.k.?

Ich nickte und murmelte, Orientierung suchend, etwas von excuse me, sorry … und griff nach dem vor mir stehenden Glas Wasser, erleichtert, aus dem Traum aufgewacht und wieder Herrin meiner Sprache zu sein. In Wirklichkeit war ich im Flugzeug nach Tel Aviv und in einer besseren Realität als der soeben erlebten. Ich schob die Rücklehne in die Schräge, sank ins Polster und überließ mich den Geräuschen, dem gleichmäßigen Brummen der Motoren, den beruhigenden Ansagen der Stewardessen, den gedämpften Schritten durch den Gang neben mir, dem Papierknistern in meiner Nähe und den Stimmen des Paars zu meiner Linken. Die beiden sprachen hebräisch, und da ich kein Wort davon verstand, drang der Klang ihres Sprechens umso deutlicher an mein Ohr, der raue Ton des Mannes, seine harten Rachenlaute, und die singende Variante der Frau, das sich oft wiederholende Sch, die Anhebungen ihrer Stimme, als kleide sie alles, was sie sagte, in freundliche Fragen. Es war ein einlullendes akustisches Gemisch, die Anspannung der letzten Tage verzog sich, und endlich stellte sich das Glücksgefühl ein, das mich immer befällt, wenn ich, auf dem Weg in ein südliches Land, dem aschfarbenen Frankfurter Himmel entkomme, oder all dem, wofür er in einem solchen Moment herhalten muss.

Es war meine erste Reise nach Israel, vor vielen Jahren im Herbst, und ein prächtiger Himmel spannte sich über Tel Aviv. An den belebten Straßen und Plätzen wurden Palmwedel für das Laubhüttenfest verkauft, und überall sah man Leute, die Bündel wippender Zweige mit sich trugen.

Bereits am Flughafen hatte ich ein Hotelzimmer unweit des Strands gebucht. Später sollte ich die Gegend gut kennenlernen, denn die Idelsonstraße, wo bis heute Alizas Wohnung liegt, ist ganz in der Nähe des Hotels, das es längst nicht mehr gibt. Es befand sich in zwei oder drei Etagen eines im Bauhausstil errichteten Gebäudes unweit des Dizengoffplatzes. Der Besitzer war ein weißhaariger Mann, der seine Rezeption in einem von dunklen Möbeln zugestellten kleinen Raum betrieb.

Hoch oben an der Wand hinter ihm hing ein kyrillisch beschriftetes Plakat, auf dem ein junger Schauspieler in expressiver Pose zu sehen war. Das Gesicht weiß und die Augen dunkel umrandet, posierte er theatralisch in einem kahlen schwarzen Baum. Ich überlegte, was der Mann auf dem Plakat mit dem Alten an der Rezeption zu tun haben könnte. Vielleicht waren die beiden ja identisch, vielleicht war der Mann an der Rezeption früher Schauspieler gewesen?

Er führte mich zu meinem Zimmer, das auf derselben Ebene wie die Rezeption lag und in dem ein großes, bodentiefes Fenster nach zwei Richtungen wies, sodass ich auf einen Blick das ganze Hofpanorama vor Augen hatte, eine schmale Baumkrone mit kleinen Blättern und die Veranda des Nachbarhauses, auf der Kinder ihre Sachen ausgebreitet hatten und eifrig redend spielten. Ich legte mich aufs Bett und fiel wieder in einen wirren Traum, von dem nur ein Geschmack von Unruhe zurückblieb. Es war schon spät, als ich aufwachte, die Kinder waren verschwunden, und nur noch ihre Spielsachen lagen auf dem Kindertisch und dem Boden verstreut. Den Schlüssel gab ich an der Rezeption ab, oder besser, in dem als Rezeption dienenden Zimmer, wo der alte Mann jetzt vor einem Fernseher saß und, als ich hereintrat, aufstand und wissen wollte, ob alles in Ordnung sei. Jetzt wagte ich, auf das Plakat hinweisend, zu fragen, could it be, that this man … Er zog die Brauen hoch und lächelte.

Was meinen Sie? Sehe ich so aus?

In diesem Moment war ich überzeugt, dass ich mit dem Schauspieler auf dem Plakat sprach. Er erklärte mir den Weg zum Strand, drückte mir einen kleinen Plan in die Hand, auf dem er mir die Strecke markierte, und geleitete mich hinaus bis zum Hofeingang, um mir zu zeigen, welche Richtung ich nehmen musste.

Während ich durch die lärmenden Straßen dem Meer entgegenlief, ging mir der Mann auf dem Plakat nicht aus dem Sinn. Wie er seinen Körper in die schwarzen Äste schmiegte, sodass seine ausgestreckten Arme und Hände wie deren seltsame Verlängerungen wirkten. Wann und wie er wohl hier ins Land gekommen ist? War er schon vor dem Krieg hier oder hatte er fliehen müssen? War er in einem Lager gewesen? Was hatte er durchgemacht?

Es war unglaublich laut, Hupen, Mopeds, die sich zwischen Autos hindurchschlängelten, schimpfende Stimmen, vorbeijagende Popmusik aus geöffneten Autofenstern und immer wieder, zwischen einem Schwall Autoabgas, der plötzliche Duft nach Blüten und überreifem Obst.

Obwohl es schon spät war, hielt die Wärme noch an, und ich streckte mich im aufgeheizten Sand aus. Der Strand war belebt, als wäre es mitten am Tag, immer noch strömten Leute herbei, immer noch wurde gebadet, Ball gespielt und gepicknickt. Und jetzt sehe ich wieder das Licht, sein gläsernes Leuchten, das alles verändert, das die Konturen schärft und die Farben intensiviert, dieses unglaublich klare Licht, das mich jedesmal in all den späteren Jahren von Neuem überrascht hat. Das Rot meiner Jacke wirkte plötzlich nicht mehr weich und warm, sondern hart und vulgär, und obwohl sie ganz neu war, knüllte ich sie zusammen und schob sie mir unter den Nacken. So blieb ich liegen, bis die Sonne unterging. Sie glitt unglaublich schnell ins Meer, und die Dunkelheit kam nicht allmählich, sondern stürzte herab, sodass ich mich fragte, ob ich zwischendurch eingeschlafen sei und ein Stück Zeit verpasst hätte. Wie in einem Schauspiel flohen Grau, Rosa, Violett und Orange in schneller Folge über den Himmel, bis es so gut wie dunkel war. Erst dann raffte ich mich auf, verließ den Strand und schlenderte durch das Viertel, das unmittelbar ans Meer grenzt. Froh, für mich zu sein, ließ ich mich langsam treiben.

Bis heute ist es mir, wenn ich zum ersten Mal in einer Stadt bin, am liebsten, mich nach niemandem richten zu müssen, mich ganz meiner Neugier zu überlassen, meinem Drang, so langsam zu laufen, wie es keinem Begleiter zuzumuten wäre, vor Schaufenstern stehenzubleiben, selbst wenn nichts Besonderes darin zu sehen ist, einfach irgendwo haltzumachen und mir etwas anzuschauen, das einen anderen vielleicht langweilen würde (wie das in die Nische eines Eingangs geschobene Gerümpel, aufgeklappte alte Koffer oder die Familienporträts im Schaufenster eines Fotografen). Immer wieder blieb ich stehen, um den Blick in eine von Pflanzen umrankte Veranda zu werfen, durch geöffnete Fenster zu sehen, in beleuchtete Räume, Leute zu beobachten, wie sie an Tischen sitzen, vor Fernsehern, mit angezogenen Beinen auf Sofas, und mir ihr Leben vorzustellen.

So streifte ich durch die Gegend, bis ich die Orientierung verloren hatte und nicht mehr wusste, in welcher Richtung das Meer lag. Irgendwann landete ich in einer belebten Straße, der Dizengoff, wo in einem Café unter freiem Himmel gerade ein Tisch in der ersten Reihe frei geworden war, an dem ich mich erschöpft niederließ.

Eine ganze Weile saß ich da, ohne beachtet zu werden. Als ich mich umblickte, um nach einer Bedienung zu suchen, beugte sich der Mann vom Nachbartisch zu mir herüber, can I help you?

Es dauerte nur ein paar Worte hin und her, und er setzte sich zu mir. Ich war froh über seine Freundlichkeit, denn mir war schon der Gedanke gekommen, man lasse mich warten, weil man mir ansehen könne, dass ich eine Deutsche bin.

My name is Asher, sagte er, und als ich meinen Namen nennen wollte, fiel er mir, jetzt in einem jiddisch gefärbten Deutsch, ins Wort: Nein, nein, sag nicht, wie du heißt, ich weiß es doch.

Er machte eine suchende Handbewegung, die in einem fingerschnippenden ›Ich hab’s‹ endete. Du bist Ingeborg, ich weiß, dass du Ingeborg bist … alle deutschen Frauen heißen doch Ingeborg.

Und auf mein ›Wieso denn das?‹ flachste er weiter: … und alle deutschen Männer heißen Hans. Und protestisch bist du bestimmt auch. Es kommen nämlich viele Deutsche hierher, weil sie fromm sind.

Er blickte mir forschend ins Gesicht. Ich dachte mir, dass er protestantisch meinte, sagte aber nichts.

Also, du bist protestisch, du heißt Ingeborg und du hast dich in einen Israeli verliebt!

Ich muss etwas verwirrt gelächelt haben, und mein ironisch gemeintes ›Natürlich‹ klang so wenig schlagfertig in meinem eigenen Ohr, dass mein Gesicht, wie immer, wenn ich verlegen werde, auf der Stelle anfing zu glühen.

Du bist in einen Israeli verliebt, und er heißt David, fuhr er fort, stimmt’s?

Er blickte mich mit hochgezogenen Brauen an, als hätte er mich durchschaut, und machte dabei ein so komisches Gesicht, dass ich laut lachen musste. Und als ich sagte, dass ich nach Israel gekommen sei, um einiges über Kibbuzerziehung zu erfahren, wollte er wissen, wer mir diesen Floh ins Ohr gesetzt habe, das sei doch längst passé. Ja, die Kibbuzkinder, die im Kinderhaus leben müssten, seien doch bemitleidenswerte Geschöpfe, schon als Säuglinge würden sie ihren Müttern weggenommen, was die größten Schäden für die armen Seelen bewirke.

Darf man einem kleinen Kind, so einer ›Sisskeit‹, das antun? Er habe einen Freund, der so aufgewachsen sei und der bis heute darunter leide. Ich blickte ihn fragend an. Ja, dieser Freund sei auf immer verdorben worden dort. Nie könne er allein sein, immer brauche er mindestens sieben oder noch mehr junge Frauen um sich, und er sah mich dabei so amüsiert an, dass ich endlich merkte, dass er dabei war, mich auf den Arm zu nehmen, und wahrscheinlich sagte er auch mit Absicht ›protestisch‹.

Ich bestellte mir ein Glas Rotwein, und er erzählte, er sei in einem Viertel von Jerusalem geboren, wo nur orthodoxe Juden wohnen. Mit drei Jahren habe er schon lesen können. Später sei er zur Armee gegangen, das sei für ihn der einzige Ausweg gewesen, sich aus der Enge in Mea Shearim zu befreien. Als ich an diesem Abend im Bett lag, drehte sich mir der Kopf, als hätte ich nicht nur das eine Glas Wein, sondern drei oder vier getrunken. Und vielleicht ahnte ich ja, dass diese Reise eine Art Schicksalsreise für mich werden sollte. Tags drauf fuhr ich mit dem Bus Richtung Jerusalem und stieg an der Haltestelle Latrun aus, wo, wie zuvor telefonisch ausgemacht, eine Frau mit einem alten und etwas ramponierten VW-Bus wartete, um mich in den Kibbuz mitzunehmen. Dort machte ich mich gleich zum Kinderhaus auf, aber nur eine Mutter und ihr Sohn waren noch da, der Sohn spielte mit einer Katze, und die Mutter fotografierte ihn dabei.

Wenn ich mir jetzt die Fotografien von damals ansehe, fällt mir alles wieder ein, jedes Detail kommt zurück: Die schwarzweiße Katze, der Junge, der sie auf seine Schulter legte und festhielt bis der Fotoapparat klickte, sie dann mit beiden Händen hochhob, den Katzenkopf so nah vors Gesicht, dass es aussah, als würden er und die Katze einander anblicken, und wie er sie schließlich auf seine Knie legte und versuchte, sie so zu halten, dass ihr weißer Bauch nach oben gekehrt war. Wie er versuchte, sie darauf zu küssen, wie er mit ihr spielte und wie sie sich alles gefallen ließ, während ich auf den Mann wartete, der mir mein Zimmer zeigen und sich auch sonst um mich kümmern sollte. Immer wieder forderte der Junge seine Mutter auf, ihn mit der Katze zu fotografieren. Er lachte und kicherte, und die Mutter bewegte sich um ihn herum, mal kniend, mal hockend, mal zu ihm herabgebeugt. Ich sehe ihn die Katze am Nackenfell packen und hochhalten und wie sie ihm entwischte und verschwand, sehe ihn auf dem Boden nach ihr suchen, sie mit Miumiu-Rufen locken, und seine Mutter, die nicht aufhörte zu fotografieren. Die Shorts, die sie trug, und das karierte Männerhemd mit hochgewickelten Ärmeln betonten ihre glatten Arme und Beine. Sie lief barfuß, und die leichte Bräunung ihrer Füße ließ die Kuppen ihrer Zehen und die kurz geschnittenen Nägel rosig leuchten, und ich dachte, noch nie so schöne Füße gesehn zu haben. Du kannst auch am Pool warten, sagte die Frau auf Englisch, ich sage Yoram Bescheid, der wird dir dann alles zeigen. Geh ruhig schon mal vor, und sie wies mir die Richtung dorthin. Aber in diesem Moment war er schon da. Ein Mann um die dreißig, nicht viel größer als ich, schulterlanges, dunkelblondes Haar und ein auffallend schmales Gesicht. Er trug ein verwaschenes blaues Hemd, das ihm über die kurzen Hosen hing. Shalom, sagte er und reichte mir die Hand. Wir wechselten ein paar Sätze in Englisch, bis er meinte, du kommst doch bestimmt aus Deutschland, so wie du sprichst. Ja, er duzte mich, und während er mich über schmale Wege zwischen umgrünten und umblühten Bungalows dorthin geleitete, wo ich übernachten sollte, erfuhr ich, dass auch er in Frankfurt lebte, zurzeit aber ein paar Monate hier bei seinem Freund Arnon verbrachte. Als Denkpause nach dem Abschluss seines Studiums und dem plötzlichen Tod seines Vaters, der ihm, wie er gleich andeutete, zu schaffen machte.

Meine Unterkunft, eine kleine Holzbaracke, war nicht gerade komfortabel. Als wir die Tür öffneten, huschte eine Maus über den Boden und verschwand unter dem Bett. Yoram lachte, keine Angst, die Maus heißt Josefine und ist eine berühmte Sängerin. Jetzt musste auch ich lachen, obwohl mir bis heute Mäuse mehr Angst einjagen als jedes andere Tier. Meine Bitte, kurz zu warten, bis ich die Schuhe gewechselt hätte, hatte genau das zur Folge, was ich vermeiden wollte, nämlich dass seine ganze Aufmerksamkeit auf meine Füße fiel, meine von der Hitze geröteten und geschwollenen Füße, die unter den schmalen Riemchen meiner Sandalen schutzlos seinen Blicken ausgeliefert waren. Die Suche nach meinen Turnschuhen endete damit, dass ich Teil für Teil aus meiner Reisetasche zerrte und nun der ganze Inhalt zerstreut auf dem Bett lag, ohne dass ich sie finden konnte. Ich musste sie im Hotel vergessen haben. Yoram hatte das Fenster geöffnet, und durch die mit Fliegenschutz bespannte Öffnung strömte wohltuend frische Luft in den stickigen Raum. An den Tisch gelehnt, sah er mir lächelnd zu. Ohne jede Ungeduld verfolgte er meine nervösen und vergeblichen Anstrengungen. Sein Blick ruhte auf meinen Füßen, seiner Mutter gehe es genauso, wenn sie hier sei, tröstete er mich. Er sah sich in der Dusche um, hier funktioniere alles, es sei ein wahres Luxushotel. Und während ich mir kaltes Wasser über die Beine laufen ließ, sann ich darüber nach, was der Mann in dem Tel Aviver Café mir am Abend zuvor angedichtet hatte.

Als wir später mit seinem Freund Arnon zusammen im Speisesaal des Kibbuz Salat aus kleingeschnittenen Tomaten, Gurken und Zucchini zu gebratenem Truthahn aßen, versuchte ich zu erklären, was ich mit meinem Besuch im Kibbuz wollte. Ich unterrichtete damals an einer Fachschule, an der Kindergärtnerinnen ausgebildet wurden. Es war die Zeit nach der Studentenbewegung, und wir glaubten, die Kleinfamilie als Ort der Erziehung habe ausgedient und es müsse eine Alternative gefunden werden. Große Worte lagen einem damals auf der Zunge, wie ›Nie wieder soll eine Generation so autoritätshörig gemacht werden wie die Nazigeneration, nie wieder sollen Massenmörder vor Gericht behaupten können, sie hätten nur gemordet, weil man es ihnen befohlen habe. Nie wieder sollen Kinder geschlagen …‹ Wir waren auf der Suche nach der idealen Erziehung, und dafür dachte ich im Kibbuz ein Vorbild zu finden. Ich hatte einiges darüber gelesen, und modernes Judentum bedeutete für mich so etwas wie lebenslanges Lernen, von früh an, schon lange vor der Schule. Und dass es das sei, was wir mit der antiautoritären Erziehung wollten, auf der heute alle herumhacken. Mehr sollten die Kinder lernen, nicht weniger. Mit Liebe und spielerisch sollten sie erzogen werden, nicht mit Befehlen und Ohrfeigen. Ich hatte gelesen, dass die Kibbuz-Eltern sich nur zwei oder drei Stunden am Tag um ihre Kinder kümmerten, dass sie aber während dieser Stunden auch wirklich für sie da seien, weshalb man sie die ›Stunden der Liebe‹ nenne.

Ich muss einen regelrechten Vortrag gehalten haben, Feuer und Flamme sei ich gewesen, sagte Yoram später, und ich hätte dabei ausgesehn wie ein Mädchen, das vom Schlittenfahren kommt, so rot seien meine Backen gewesen. Ich aber sah nur sein fragendes Lächeln und hörte seine Stimme so etwas sagen wie, du hast ja eine schwärmerische Vorstellung vom Leben hier.

Und jetzt mischte sich auch noch Arnon ein, ob ich etwa erwarte, dass Israelis … sozusagen die besseren Menschen seien …

Aber nein, wieso denn das?

Weil immer wieder Leute aus Deutschland hierherkommen, die meinen, die Juden müssten wie Engel sein, nach allem, was sie doch durchgemacht haben.

Stop it, versuchte Yoram ihn aufzuhalten, aber Arnon machte weiter. Diese Typen treten auf, als wollten sie prüfen, ob der Holocaust auch nicht umsonst gewesen ist und ob die Juden endlich so sind, wie die Deutschen sie haben wollen.

Ich muss ihn daraufhin entgeistert angeblickt haben. Yoram grinste nur: So ist er eben, mein Freund, mach dir nichts draus, und er legte die Hand auf meinen Rücken, bevor er aufstand und in seinen ausgetretenen Turnschuhen zum Buffet schlurfte. Arnon wartete, dass ich mich dazu äußere. Er sah mich gespannt an, aber mir wollte nichts Schlagfertiges einfallen. Dabei blickte ich Yoram nach, in dessen Kniekehle, kurz unter dem Saum seiner Shorts, etwas Rotes aufblitzte, ein Zettel oder ein Stofffetzen, der im nächsten Moment zu Boden flatterte. In diesem Augenblick wäre ich fast in Tränen ausgebrochen, vielleicht weil er nichts davon ahnte, wie komisch er von hinten aussah, vielleicht aus einer Gefühlsmischung von Dankbarkeit (dafür, dass er mir zu Hilfe gekommen war) und Beschämtheit (weil vielleicht doch etwas an Arnons Unterstellung dran war) oder weil ich Yoram jetzt schon liebte. Arnon indes frotzelte weiter: Wenn du deinen Test beendet hast, sag uns Bescheid, was du über den homo judaicus israelicus herausgefunden hast.

Wahrscheinlich lächelte ich in diesem Moment auf die gleiche unsichere Art, wie meine Mutter immer gelächelt hat, eine Art, die schwer erträglich ist, weil sie auf die emotionale Aufweichung des Gegenübers zielt. Tatsächlich bot er mir jetzt eine Zigarette an, gab mir Feuer und wünschte mir ›good luck‹ für mein Vorhaben.

Vielleicht war es gerade Arnons Sarkasmus, der mir schnell die gewisse Furcht nahm, etwas Falsches zu sagen, diese Furcht, mit der so viele Deutsche nach Israel kommen. (Könnte einem ja selbst der bis dahin unbekannte Nazi aus dem Mund springen.)

Es war bereits spät am Nachmittag, und Yoram wollte mir noch vor der Dunkelheit wenigstens einen Teil des Kibbuz’ zeigen. Wieder hatte sich das seltsame, klare Licht ausgebreitet, das Dächer, Bäume und Hügel in dunkle Konturen fasst und die Farben sinnverwirrend aufleuchten lässt. Kleine Bungalows lagen in großzügiger Ordnung mal parallel, mal quer zueinander auf dem Gelände, es sah nicht sonderlich aufgeräumt hier aus, da standen ein paar ausrangierte Möbel, dort rottete ein alter Kinderwagen vor sich hin, in dem ein zerbrochener Fernseher ruhte, und kein Zaun trennte die Grundstücke voneinander. Alles wirkte gelassen, zwanglos, auch die Kleidung der Leute, die zumeist Jeans und T-Shirt oder locker über der Hose hängende Hemden trugen. Auch Mädchen und ganz junge Frauen trugen sie, manchmal über Miniröcken, was gebräunte Beine noch reizvoller wirken ließ. Um die Häuser herum blühte es, blau, rot, lila. Nie hätte ich gedacht, dass so die Umgebung einer Plastikfabrik aussehen könnte, in die wir nun einen Blick warfen, bevor Yoram mir das Geflügelgehege (freilaufende Hühner, garantiert glücklich), die Unterstände für die Kühe, die Halle mit den Maschinen, das Kinderhaus mit dem Spielplatz, die Wäscherei, in der er zur Zeit arbeitete, die Krankenstation, die Bibliothek und am Ende den Swimmingpool zeigte. Dass er das Kibbuzsystem für den einzigen funktionierenden und wirklich demokratischen Sozialismus hielt, leuchtete mir sofort ein.

Als wir am Abend zusammensaßen, erfuhr ich, dass Yoram in Israel geboren ist, dass seine Eltern aus Berlin kamen, sich aber erst in Palästina kennengelernt hatten. Seine Mutter war als Fünfzehnjährige mit einer Gruppe der jüdischen Jugendbewegung ›Shomer Hazair‹ nach Palästina gekommen und in einem Kibbuz gelandet, wo sie blieb, bis sie Yorams Vater kennenlernte.

Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder haben die Shoa nicht überlebt, aber sie spricht nie davon, sagte Yoram. Was er über ihre Familie wisse, habe er fast alles von seinem Vater.

Es war ein warmer Oktoberabend, und wir saßen auf der Terrasse vor Yorams Zimmer in wackligen Regiesesseln, wie sie in den Siebzigern modern waren, tranken Wasser und warmen Whisky und sprachen bis in die Nacht hinein. Sein Vater hatte gerade in Berlin seine Zulassung als Rechtsanwalt erworben, bevor sie ihm 1933 auch schon wieder entzogen wurde. Er ging nach Palästina, arbeitete bis zur Staatsgründung in einer Hühnerzucht, versuchte dann das israelische Recht zu erlernen und zog in den späten Fünfzigern nach Frankfurt am Main, um dort als Anwalt ›Wiedergutmachungsprozesse‹ zu führen. Als Yoram nach dem Abitur ebenfalls Jura studieren wollte, setzte sein Vater alles in Bewegung, um das zu verhindern. Du sollst dein Leben woanders verbringen als in deutschen Gerichtssälen und Amtsstuben, soll er gesagt haben, einer in der Familie reicht.

Ich wollte so was wie der große Rächer werden, sagte Yoram, ich wollte sie alle kriegen, ihre falschen Namen aufdecken, sie in ihren feigen Löchern auftreiben. All die feinen Herren, die Gesandten und Schreibtischtäter, die mal eben zwischen Schnaps und Cognac Deportationsbefehle unterschrieben, die Rechtsanwälte, die Dirigenten, die Metzger und die Diplomaten, all die mordenden Familienväter, die ihren Kindern Postkarten mit Osterhasen aus Polen und Russland schickten. Aus dem letzten Loch wollte ich sie treiben, aus ihren Verstecken in Südamerika und Syrien und aus ihren braven Häusern im Schwarzwald und am Bodensee und in Celle. Sie fassen und der ganzen Welt vorführen. Die Häuser ausfindig machen, die immer noch den Arisierungsschweinen gehörten, die Bilder und Teppiche, die bis heute die Wohnzimmer ihrer Familien schmücken, und die Fabriken, von denen ihre Nachkommen jetzt noch profitieren.

Jeden Abend vor dem Einschlafen hatte er sich ausgemalt, wie er sie fangen würde, noch einfallsreicher und noch listiger als Simon Wiesenthal. Wie er sie in die Falle locken und niedermachen würde. Alle juristischen Tricks würde er beherrschen, messerscharf würde er ihnen ihre Verbrechen nachweisen. Ein Fighter habe er werden wollen, so eine Art James Bond der Juden. Und manchmal habe er sich einfach nur vorgestellt, sie öffentlich aufzuhängen und bei lebendigem Leib aufzuschlitzen, und das vor laufender Kamera.

Ich lachte, denn auch ich hatte ähnliche Fantasien für die alten Nazis: aufhängen, häuten, Füße verbrennen, Papageienschaukel, öffentlich ertränken, in Käfigen auf Kirchtürmen verhungern lassen. Mit meiner Cousine Marianne hatte ich sie mir ausgedacht, als wir nach dem Abitur einmal zusammen nach Dachau gefahren sind.

Yoram trank sein Glas Whisky aus, schüttelte sich, prustete, lehnte sich zurück und schloss lächelnd die Augen, so als blicke er voller Nachsicht auf den jungen Mann von damals.

Und dann?

Na ja, am Ende habe er doch auf seinen Vater gehört. In schwachen Momenten würde er das ›klein beigeben‹ nennen.

Und bedauerst du es?

Vielleicht. Manchmal. Eigentlich nicht.

Als er sich schließlich bei den Frankfurter Soziologen einschrieb, waren seine Eltern so glücklich, dass sie ihm einen alten VW schenkten. Er wollte die ›Frankfurter Schule‹ kennenlernen, aber Adorno war schon tot, und seine Nachfolger hat er nicht verstanden. Einfach nicht verstanden. Lustlos hat er sich durch die Seminare gequält und ein Jahr lang ›Sägemehl gekaut‹.

Das Einzige, was ihm Spaß gemacht habe, seien die psychoanalytischen Vorlesungen am Freud-Institut in der Kleinen Wiesenau gewesen. Erst da sei er neugierig geworden und habe angefangen, Bücher zu verschlingen.

Und, ›keine Ahnung, warum‹, ich hab mich bis zum ›Gehtnichtmehr‹ mit dem Thema Selbstmord beschäftigt. Ja, die Idee, dass ein Selbstmörder eigentlich nicht sich selbst, sondern eine andere Person ermorden will, hat mich nicht mehr losgelassen. Die Vorstellung, jemanden zu töten, den man in sich hineingenommen, also internalisiert, gewissermaßen seelisch gegessen hat! So was Verrücktes!

Die Beschäftigung damit sei zu einer Art Besessenheit geworden. Seine Eltern hätten sich Sorgen um ihn gemacht, vor allem, als er Fallberichte von erfolgreichen Selbstmorden sammelte, Fotos, Briefe und Tonbänder. Irgendwie sei er selbst darüber erschrocken und habe einen Termin bei einem Psychoanalytiker ausgemacht, sei aber dann nicht hingegangen. Stattdessen fing er in Darmstadt an, Architektur zu studieren. Und als ich ihn kennenlernte, damals im Kibbuz, hatte er das Studium gerade hinter sich.

Die vielen Stunden in der Dunkelheit, in denen wir damals miteinander sprachen, sind in meiner Erinnerung zu einer einzigen großen, warmen Nacht zusammen geschmolzen. Wir lagen entweder auf meinem aufgefalteten Schlafsack im Gras oder saßen in den wackligen Regiesesseln vor dem Gäste-Bungalow, in dem ich wohnte, und tranken billigen Whisky, Wasser und Orangensaft. Die Grillen zirpten oder, wie Yoram immer sagt, machten Lärm, und die Sterne drängten sich in funkelnder Dichte, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Wenn wir später Freunden erzählten, wie wir uns kennengelernt haben, behauptete er immer, nur weil ich damals kurzsichtiger gewesen sei, als ich ahnte, habe sich in meiner Wahrnehmung alles verdoppelt, vergrößert und verherrlicht, nicht nur die Menge der Sterne, ihre Größe und ihr Funkeln, sondern auch er selbst.

Als wir eines Abends mit Arnon und dessen Frau Chamutal zusammensaßen, kam die Rede auf den Sechstagekrieg und auf Arnons Erlebnisse als Soldat.

Ich hab nicht mal gewusst, wie man ein Gewehr richtig benutzt, erzählte er. Die ganze israelische Armee ist ein einziger Bluff gewesen. Irgendwann hat es furchtbar geknallt und ich bin hinter eine Mauer gesprungen, hab mir die Finger in die Ohren gesteckt und auf singende Engel gewartet.

Kurz darauf sei direkt neben ihm das ganze Haus in die Luft geflogen und er sei sicher gewesen, er wäre tot. Er schob den Ärmel hoch und hielt mir seinen Arm hin, der von einer langen Narbe in zwei zerklüftete Wülste geteilt wurde.

Als Yoram und ich wieder für uns waren, machte er bissige Bemerkungen über Arnons Selbstdarstellung. Okay, der ist älter als ich, aber deshalb braucht er nicht so zu tun, als hätt er mit nackten Fäusten Jerusalem gerettet. Wenn du mich fragst, ich hasse das Militär, sagte er, und seine Stimme klang zutiefst angewidert.

Ihm selbst war es gelungen, sich halbwegs davor zu drücken. Über gute Beziehungen seines Vaters war er an einen Job bei der Militärpolizei gekommen, froh, nicht kämpfen zu müssen. Leute wie Arnon hätten sich damals über ihn, Yoram, mokiert. (›So was Läppisches, ihr lebt in Europa auf dem Mond, Luxuspazifisten, bei euch hat doch keine Meinung eine Konsequenz.‹) Dabei war Yoram auch mit seinem Vorzugsposten nicht gerade glücklich. Jeden Morgen mit blankgeputzten Schuhen antreten, idiotische vaterländische Lieder singen, in die besetzten Gebiete fahren und Leute festnehmen, all das sei ihm zuwider gewesen. (Aus lauter Frust hab ich mich so vollgefressen, dass ich nach drei Monaten neue Uniformhosen brauchte.) Und wie oft habe er nach dem Dienst zur Strafe putzen müssen, Böden und Toiletten schrubben, weil seine Schuhe beim Morgenappell nicht genug glänzten.

Ja, mit Heldengeschichten kann ich nicht aufwarten, und auf mein ›Würdest du gern?‹ schob er die Unterlippe vor. In diesem Moment konnte ich mir vorstellen, wie er als kleiner Junge ausgesehen hat, und ich strich mit dem Handrücken unter seinem Kinn entlang. Da fiel ihm plötzlich ein, dass er mich von Frankfurt her kenne. Er habe all die Tage darüber nachgedacht, und jetzt sei er ganz sicher.

Dein Gesicht kommt mir …, und ich kann mich bis heute an die Formulierung erinnern: Dein Gesicht kommt mir ›wie zu Hause‹ vor. Er fuhr mit dem Zeigefinger über meine Nase, bestimmt, er wisse es jetzt, genau das, das kenne er. Wir zählten einander unsere Frankfurter Freunde auf, aber ich wusste, hätte ich ihn schon einmal gesehen, ich hätte sein Gesicht nicht wieder vergessen. Und noch während er über die Einfallslosigkeit seiner Idee lachte, fielen wir uns endlich in die Arme, küssten uns und verbrachten die Nacht miteinander. Bei weit geöffneten Fenstern und begleitet vom Singsang einer Million Grillen.

Am nächsten Morgen während des Frühstücks im Diningroom trafen wir wieder Arnon. Er setzte sich zu uns, und indem er mit dem Kinn auf Yoram wies, der gerade aufgestanden war, um uns alle mit frischem Orangensaft zu versorgen, meinte er: Er gefällt dir, stimmt’s?

Ich weiß nicht mehr, was ich antwortete, nur dass er mich herausfordernd anblickte: Ich warne dich, mein Freund ist nicht der arme hypothetische Modelljude, den du vielleicht suchst.

Diesmal war mir seine Attacke egal, ich war viel zu selig an diesem Morgen.

Zurück in Frankfurt, besuchte ich Aliza Schemesch, Yorams Mutter. Er hatte mir ein Päckchen für sie mitgegeben, Sachen, die er auf dem Hacarmelmarkt besorgt hatte, den man von der Idelsonstraße leicht zu Fuß erreicht. Bis heute macht Aliza, wenn einer von uns ›ins Land‹ fährt, lange Einkaufslisten. Vor allem wünscht sie sich immer Gewürzmischungen, die es nur an bestimmten Ständen gibt.

Als ich klingelte, dauerte es ungewöhnlich lange, bis reagiert wurde. Ich überlegte, ob ich mich ein zweites Mal bemerkbar machen solle, aber dann, indem ich hoch blickte, sah ich einen Kopf in einem Fenster des vierten Stocks. Es wurde etwas gerufen, was ich nicht verstand. Ich nannte meinen Namen.

Und was wollen Sie?

Yorams Päckchen bringen.

Erst dann wurde etwas herabgelassen, was an der Hauswand entlangpendelte und sich als ein an das Ende einer Schnur gebundenes Ledersäckchen herausstellte, dem ich einen Schlüssel entnahm, um damit die mehrfach verschlossene Haustür zu öffnen.

Am Ende der Treppe erwartete mich eine nicht sehr große Frau in einem langen dunklen Kleid. Ihr graues Haar war in der Mitte gescheitelt, in leichtem Bogen nach hinten gekämmt und zu einem Knoten zusammengefasst. Ich blickte in ein Gesicht, das Yoram auf verwirrende Weise ähnlich sah. Schmal und mit einer leicht vorstehenden Oberlippe. Sie trug kleine silberne Ohrringe, die immer in Bewegung waren und deren Blinkern ein Kontrast zu der gelassenen Aufmerksamkeit war, die sie ausstrahlte. Als ich sie so zum ersten Mal sah, kam sie mir vor wie aus der Zeit gefallen oder wie ich mir eine in die Jahre gekommene Clara Schumann vorstellte. Sie bat mich herein, und was mir zuerst auffiel, war, dass alle Türen offen standen. Die Zimmer gingen von dem quadratischen Flur aus, in dem ich jetzt stand, und so konnte ich trotz des Dämmerlichts meinen Blick durch die Räume schweifen lassen, eine Möglichkeit, von der ich neugierig Gebrauch machte. Sie waren im Stil der sechziger oder fünfziger Jahre eingerichtet, nüchterne, schnörkellose Nutzmöbel, niedrige Schränke, leichte Stühle und Sessel mit schmalen Holzlehnen.

Immer, wenn ich später hierherkam, aber vor allem während der Wintermonate, wenn so gut wie kein Strahl Sonne die Fenster berührt, wirkte die Wohnung bedrückend dunkel. Meist waren die Rollläden halb herabgelassen, als gelte es auch hier, in Frankfurt, sich vor der hellen Sonne zu schützen. Und die zum größten Teil mit schwarzroten Teppichen belegten Böden schluckten den letzten Rest Licht.

Auch an dem Tag, als ich Aliza zum ersten Mal besuchte, war es leicht abgedunkelt, sodass ich im ersten Moment Mühe hatte, mich zu orientieren. Die Wohnung schien angefüllt bis in die letzte Ecke. Wo kein Bücherregal und kein Schrank die Wände bedeckte, hingen Bilder. Und eines der großen Fenster war beklebt, und zwar mit Zetteln, einer Vielzahl kleiner und größerer Zettel, durch die das Licht schimmerte.

An einer Wand im Flur reihten sich von der Decke bis kurz über den Boden in unregelmäßiger Höhe Fotografien, die, wie ich später erfuhr, ein Freund Alizas aufgenommen hatte, der, wie sie auch, mit einer Jugendalija in einem Kibbuz gelandet war. Es sind schwarzweiße Bilder, die den Umriss einer Person in einer hellen leeren Landschaft zeigen oder auch Bäume oder Zweige, und zwar so reduziert, dass man sie kaum mehr erkennt und eher den Eindruck von etwas hat, was es in der Wirklichkeit gar nicht gibt. Später erfuhr ich, dass es Aufnahmen eines Dichters sind, dessen Texte Aliza bis heute auf Zetteln an verschiedenen Stellen ihrer Wohnung verteilt hat. Seine Eltern und seine Schwester hat er in der Shoa verloren. Einmal sagte sie zu mir, weißt du, er sagt in seinen Gedichten, was ich nicht sagen kann.

Von Yoram wusste ich, dass Aliza im Kibbuz Hazorea ein paar Jahre im Kinderhaus gearbeitet hatte, und das lieferte mir jetzt einen guten Vorwand, sie darum zu bitten, ihr ein paar Fragen stellen zu dürfen. Wir verabredeten einen Termin für die nächste Woche, und diesmal brachte ich ein Bandgerät mit. Während ich das Mikrofon auf dem Tisch platzierte und alles vorbereitete, öffnete sie die Vorhänge, zog die Rollläden hoch und grummelte: Wer soll sich denn für diese alten Geschichten interessieren, das sind doch ›olle Kamellen‹.

Bis heute hat sie ihren Berliner Akzent nicht abgelegt, der alles, was sie sagt, in beiläufige Ironie färbt. Ich versuchte zu erklären, was ich mit meiner Arbeit wolle und wie aktuell und wichtig die Erfahrungen im Kibbuz seien. Das Modell ›bürgerliche Kleinfamilie‹ funktioniere nicht mehr …

Soso, sagte sie, und an ihrem Lächeln merkte ich, dass meine Rede einmal wieder zu eifrig war. Irgendwie komme ihr das alles bekannt vor, meinte sie. Aber sie fürchte, ich mache mir eine ganz falsche Vorstellung vom Kibbuzleben. Auch wenn die Kinder im Kinderhaus aufwüchsen, ob bürgerlich oder nicht, sie blieben die Kinder ihrer Eltern. Das habe man inzwischen herausgefunden, so sei es nun einmal. Und sie erzählte, dass damals die Mütter oft heimlich nachts ins Kinderhaus gegangen seien, um zu lauschen, ob das eigene Kind weint, um es in den Arm zu nehmen, es zuzudecken, oder einfach nur, um neben ihm zu sitzen und zu hören, wie es atmet. Es sei den Frauen nicht leichtgefallen, die Kinder gleich nach der Geburt ins Kinderhaus zu geben. Sie glaube übrigens, das sei in vielen Kibbuzzim heute auch gar nicht mehr üblich. Und mit einer Stimme, deren Bitternis selbst auf dem Tonband unüberhörbar war: Das mit dem viel gerühmten neuen Menschen hat eben nicht geklappt … man muss sich mit der bestehenden Version abfinden. Ein für alle Mal. Leider.

Sie erzählte vom Kibbuzleben in den allerersten Anfängen Hazoreas. Von den Gründern, die voller Idealismus gewesen seien, tagsüber schufteten und abends Tolstoi, Martin Buber und Stefan George lasen. Ja, auch Rilke. Bei Kerzenschein und gebannter Aufmerksamkeit. Sie hätten ja sonst nichts gehabt. Es gebe noch heute Leute dort, die könnten den Faust auswendig.

In Bretterverschlägen, Umzugscontainern und Zelten hatten sie am Anfang gelebt, aber Literatur hat sein müssen. Das Vademecum, das ihnen keiner nehmen konnte.

Einmal hat sich einer einen Spaß erlaubt, eine Kerze angezündet und mit erhabener Stimme einen weihevollen Text vorgetragen. Zuerst lauschten alle andächtig, weil sie dachten, es seien Gedichte von Stefan George. Aber nach einer Weile hat da und dort ein Kichern die heilige Stimmung gestört. Bis es zu viel wurde und alle in erlöstes Gelächter ausbrachen. Was sich anfänglich wie George anhörte, war eine Parodie auf ihn. Ab da legten sie die allzu erhabenen Dichter ›ad acta‹. Irgendwie passten sie nicht mehr zu dem neuen Leben. Aliza aber hatte nie aufgehört, Rilke zu lesen, das war für sie ›ein bisschen wie beten‹. Niemals hätte sie sich ihre Lektüre verbieten lassen. Und alle sehnten sich in dieser vertrockneten, karstigen, steinigen Landschaft so sehr nach grünen Blättern, dass sie beschlossen, jeder solle jeden Tag einen Baum pflanzen. Der Wald in der Nähe von Hazorea ist das Ergebnis davon.

Mehrmals in kurzer Folge besuchte ich Aliza damals, und immer wenn ich das Mikrofon aufgestellt hatte, kam sie mit einer Kanne frischem Orangensaft, stellte eine Schale mit getrockneten Feigen, Datteln, Mandeln und Rosinen auf den Tisch, und nach etwa anderthalb Stunden, wenn ich das Mikrofon wieder einpackte, holte sie die Sherryflasche aus dem Schrank und forderte mich auf, zuzulangen.

Nicht nur ich stellte Fragen an sie, sondern auch umgekehrt. Ihre Fragen waren von einer Direktheit, die mich zu Anfang immer erschreckte. Schroff und ohne Umweg ging sie auf ihr Ziel los. So wollte sie wissen, warum ich erst jetzt nach Israel gefahren sei und nicht schon früher. Und ob ich mich nur für Erziehung dort interessiere oder auch für anderes. Es ging etwas Strenges, Prüfendes von ihr aus, aber wenn ich ihr dann gegenübersaß, sagte ihr Blick, ich höre dir zu, sprich nur, sprich weiter, ich werde dir nicht verschweigen, was ich davon halte. Bis heute hat sie diese wachen Augen, diesen forschenden, auffordernden Blick, und wenn man sich darauf einlässt und sie guter Dinge ist, kann ein Gespräch mit ihr ein Lossprudeln von Gedanken und Ideen auslösen wie eh und je. Leitet sie ihre Antwort allerdings mit ›Du hast vollkommen recht‹ ein, weiß ich, sie ist nicht einverstanden. Dann kann sie auf eine Weise schonungslos sein, die mir noch am nächsten Morgen zu schaffen macht, und auch das ist bis heute so geblieben.

Vor meinem Rückflug nach Frankfurt hatten Yoram und ich den Abend in Tel Aviv verbracht. Er wollte unbedingt einen Film mit mir zusammen sehen, den er schon kannte und mir bis ins Detail erzählt hatte, nämlich Woody Allens ›Manhattan‹. Ich wusste bereits, dass es Isaac nicht gelingen würde, seinen Roman zu Ende zu schreiben, dessen Anfangssatz ›New York war seine Stadt und würde es immer bleiben‹ Yoram aus irgendeinem Grund besonders gefiel. Ich wollte wissen, ob es auch für ihn eine solche Stadt gebe, von der er das behaupten könne. Er hatte gelacht und mir die Frage zurückgegeben. Wir einigten uns auf ›jedenfalls Frankfurt nicht‹ und auf ›vielleicht Paris‹. Es stellte sich dabei heraus, dass wir beide noch nie in New York gewesen waren, dafür aber in Paris, und das zufällig fast zur gleichen Zeit. Und tatsächlich fuhren wir später am liebsten dorthin, wenn wir für uns sein wollten, auf Paris hatten wir immer Lust, zu jeder Jahreszeit, und das ist bis heute so geblieben.

In einem Kiosk am Dizengoffplatz holten wir Falafel und Carmelwein, verzogen uns ins Hotelzimmer und verabschiedeten uns in einer fast schweigsamen, trägen und unvergesslichen langen Stunde. Bis Yoram, den Blick auf die am Boden liegende Armbanduhr, aufsprang, hinter dem schäbigen Duschvorhang verschwand und so schnell angezogen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, dass ich ihn noch atmen hörte, als ich schon wieder allein war.

Ich wusste nicht, war ich amputiert oder waren mir, im Gegenteil, zusätzliche Arme, Hände, Lippen und Wangen gewachsen. Ich stand auf und betrachtete mich im Spiegel. Meine Augenschminke war zerlaufen, und plötzlich konnte ich mir vorstellen, wie Picasso auf seine seltsamen Frauengesichter gekommen war. Ja, ich war mir dessen jetzt ganz sicher. Picasso muss es genau so gegangen sein wie mir in diesem Moment. Es muss die Wahrnehmung infolge eines Liebesdeliriums gewesen sein, eines überbordenden Hervortreibens aller möglicher Stellen an Körper und Gesicht, mein Spiegelbild blickte mich an, ein Auge war nach oben gerutscht, die Wangen komisch gerötet, die Nase verdoppelt, der Mund übergroß und verzerrt, ein Anblick, der mich in übermütige Stimmung versetzte, high von der Gewissheit, geliebt zu sein. In dieser Nacht konnte ich nicht mehr einschlafen, jedenfalls war ich schon wach, als der Wecker gegen drei klingelte und ich aufsprang, um mich anzuziehn und nach unten zu laufen, wo das Taxi zum Flughafen schon auf mich wartete, das Yoram (fürsorglich) für mich bestellt hatte.

In Frankfurt kaufte ich zwei Kassetten von ›Rhapsody in Blue‹, der Filmmusik aus ›Manhattan‹. Die eine behielt ich für mich, die andere schickte ich Yoram in den Kibbuz, und da ich vergaß, ein Luftpostzeichen aufzukleben, kam sie erst Wochen später an, kurz vor Silvester. Mindestens drei Mal habe ich mir den Film noch angesehen, und in meinen vielen Briefen an Yoram, die ich ihm während der folgenden Wochen schickte, unterschrieb ich mit den Namen der Frauen aus dem Film, manchmal mit ›Mary‹, manchmal mit ›Jill‹. Unsere Briefe von damals liegen bis heute in einem Kästchen hinten im Kleiderschrank, und ich weiß nicht, was Vered einmal davon halten wird, wenn sie sie nach unserem Tod liest. Vielleicht wird sie auch nur lachen über die seltsame und vielleicht naive Art, wie ihre Eltern sich erotische Briefe geschrieben haben. Das Kästchen hatte mir Yoram vor Jahren von einer Reise mitgebracht, als er zum ersten Mal in New York war und ich nicht mitkommen konnte, weil Vered, die damals erst drei oder vier Jahre alt war, mit hohem Fieber im Bett lag. Ich glaube, sie hatte Masern, und wir wollten sie nicht allein lassen, obwohl Aliza oder auch meine Mutter bereit gewesen wären, bei ihr zu bleiben.

Damals lebten wir von Briefen, und nie wieder habe ich eine solche Ungeduld beim Warten auf die Post erlebt. Immer wieder lief ich zum Fenster und hielt Ausschau nach der gelben Tasche des Briefträgers, die irgendwann unter den Blättern des Ahorns vor dem Haus aufblitzen musste. Die Unzuverlässigkeit und die nie zu erklärenden Verzögerungen auf dem Weg von Israel nach Frankfurt hatten zur Folge, dass ich mal zwei, ja sogar fünf oder sieben Tage warten musste, bis ein von Yoram telefonisch bereits angekündigter Brief endlich im Kasten lag. Es konnte auch vorkommen, dass ein später abgeschickter Brief eher ankam als einer, der drei Tage früher abgestempelt war.

Nichts anderes interessierte mich mehr, ich lebte von Brief zu Brief. In der Schule, im Lehrerzimmer, mitten im lautstarken Hin und Her, im Gelächter, beim Austausch von Ferienzielen und preiswerten Flügen, bei Schimpfereien und Klatsch saß ich jetzt teilnahmslos da, weit fort von all diesen, wie mir schien, langweiligen Trivialitäten. Wie auf einem fliegenden Teppich schwebte ich in leichtem Abstand über den Dingen, alles von oben sehend, und mit der Welt, die sich wie ein belebtes Tableau unter mir ausbreitete, hatte ich kaum noch etwas zu tun. Nur ein leichtes Dröhnen drang zu mir hoch, während ich mich auf meinem Teppich zu den synkopischen Rhythmen der Rhapsody in Blue meinen Gedanken an Yoram hingab. Meine Telefonrechnung wuchs, und mein Konto war lange vor Monatsende überzogen. Für den nächsten Flug zu Yoram versetzte ich das Geschenk, das meine Mutter mir zu meinem achtzehnten Geburtstag gemacht hatte, ein antikes Armband, auf dessen quadratischem Verschluss eine kleine Rosette aus Türkisen und Rubinen saß. Es hatte etwas abenteuerlich Existenzielles, als ich in der Frankfurter Schillerstraße in einem Leihhaus meinen Personalausweis unter einer Glasscheibe hindurchschob und das Armband, von dem ich dachte, es sei mindestens dreitausend Mark wert, in eine Klappe legte, um vier Hunderter dafür in Empfang zu nehmen.

Blättere ich heute in meinen sporadischen Aufzeichnungen von damals, ist es oft, als würde ich Enthüllungen über eine fremde Person lesen. Orte, an denen ich nie gewesen bin, Begebenheiten, von denen ich nie gehört habe. Oder ich wundere mich darüber, wie unterschiedlich das ist, was ich als Erinnerung mit mir herumtrage, und was ich beim Lesen meiner Notizen entdecke. Aber am meisten verblüfft mich, dass es Ereignisse gibt, die ich vollkommen vergessen habe. Wie die Geschichte mit dem Pessachfest. Dabei wäre unsere gerade erblühte Liebe um ein Haar daran zerbrochen.

In einem der kleinen Notizbücher, in denen ich festhielt, was mich bewegte, beschreibe ich sie ausführlich. Aus meiner Erinnerung aber war sie beinahe verschwunden oder nur als nebensächliche kleine Störung unserer verliebten Stimmung geblieben.

Es war meine zweite oder dritte Reise nach Israel, kurz vor Pessach. Wir saßen alle zusammen, Yoram, Chamutal, Arnon, ihre beiden Kinder und ich. Arnon hatte Yoram für den Sederabend zu seinen Eltern nach Hause eingeladen, und es war ausgemacht, dass auch ich mitkommen solle. Es war warm, wir saßen draußen, und mit dem weichen Wind zogen Wellen süßen Jasmindufts zu uns herüber. Auf dem Tisch Kuchenreste, Bücher und Legoteile, die ich für die Kinder mitgebracht hatte. Obwohl in meiner Gegenwart so gut wie immer Englisch gesprochen wurde, begann plötzlich eine erregte Debatte auf Hebräisch, und mir wurde bald klar, dass es um etwas ging, das mit mir zu tun hatte. Der Blick, den Yoram mir, die Schultern hochgezogen und hilflos die Handflächen nach oben gekehrt, zuwarf, drückte peinvolle Ratlosigkeit aus. Chamutal war es schließlich, die es mir erklärte: Ich spiele jetzt mal die Außenministerin ..., und ich erfuhr, dass Arnon es jetzt doch nicht wage, mich zu seinen Eltern mitzunehmen. Er habe es wirklich gewollt, ja, er hätte sich darauf gefreut gehabt, aber jetzt seien ihm plötzlich Bedenken gekommen. Vielleicht habe es auch mit der aufgewühlten Situation in seiner Familie durch den plötzlichen Tod einer Tante zu tun, meinte Chamutal. Arnon jedenfalls fürchte auf einmal die Reaktion seiner Eltern, wenn sie erfahren würden, woher ich komme. Das habe nichts mit meiner Person zu tun, nur damit, dass seine Eltern Überlebende seien. Alles Deutsche mache ihnen Angst, selbst wenn jede Logik dagegen spreche, erklärte Chamutal. Und, wie um den beklemmenden Ernst abzumildern, mischte sich jetzt Arnon ein. Das triviale Beispiel, sie würden eher dreißig Kilometer unter glühender Sonne zu Fuß laufen, als in einen Volkswagen zu steigen, sollte uns zum Lachen bringen. Aber keinem war zum Lachen zumute.

Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, ging ein Schlagabtausch auf Hebräisch zwischen Arnon und Chamutal los. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und blickte abwehrend zu Boden, während Chamutal heftig auf ihn einredete. Dabei fiel immer wieder mein Name. Ich versuchte mehrmals vergeblich, etwas zu sagen, und als ich endlich zu Wort kam, beteuerte ich, es sei doch selbstverständlich, dass ich nicht mitkommen wolle. Ich könne nichts besser verstehen als die Gefühle von Arnons Eltern.